Was ist D-MER?

Als D-MER (engl. Dysphoric Milk Ejection Reflex, zu Deutsch: Dysphorischer Milchspendereflex) wird eine Anomalie des Milchspendemechanismus bei laktierenden Frauen bezeichnet, bei der diese

  • eine plötzliche Welle an negativen Emotionen (Dysphorie) empfinden, die
  • einige Sekunden vor dem Einsetzen des Milchspendereflexes (MSR) beginnt und
  • wenige Minuten andauert.

Die am häufigsten genannten Emotionen dabei sind: Angst, Furcht, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit, Unsicherheit, innere Leere oder eine große Unruhe14 – aber auch zahlreiche weitere sind möglich (siehe unten auf dieser Seite „Spektren“).

Dabei dürfte es sich um ein physiologisches und kein psychologisches Problem handeln. Abgesehen von der an den MSR gekoppelten Dysphorie fühlen sich die Mütter mit D-MER jedoch gut.1,3

Die Bezeichnung „D-MER“ für dieses Beschwerdebild stammt von der amerikanischen Still- und Laktationsberaterin IBCLC Alia Macrina Heise14, die als selbst betroffene Mutter den D-MER seit 2007 untersucht. Leider gibt es derzeit noch keine evidenzbasierten Studien zum D-MER, dessen Existenz gilt jedoch als gesichert. 2010 wurde der D-MER erstmals in einer Fallstudie2 erwähnt, weitere Fallvorstellungen und Umfragen folgten3-8.

In einer ersten Studie zur Untersuchung der Prävalenz des D-MERs7 kam man zu dem Ergebnis, dass dieser bei etwa 9 % der laktierenden Mütter auftritt. Dabei kann er sowohl beim Stillen des Babys, beim Abpumpen oder Handentleeren sowie bei spontanen MSR* (z. B. durch das Hören des Weinen des Babys ausgelöst werden) auftreten.

Heise verwendet drei Spektren und drei Intensitäten1,20, um die Ausprägung des D-MERs zu beschreiben.

Die D-MER Spektren werden verwendet, um die emotionale Erfahrung der Mutter mit D-MER zu beschreiben und werden auch als die „emotionalen Farben“ bezeichnet.  Diese sind**:

Spektrum***Worte, die Mütter häufig wählen, um ihre Emotionen beim D-MER zu beschreiben (beispielhafte Aufzählung)
TRAURIGKEIT
Niedergeschlagenheit/
Mutlosigkeit****
Heimweh, flaues Gefühl, Vorahnung, Traurigkeit, Schuldgefühle, Stimmungstief, u. a.
ANGST/PANIK
Angst
Ängstlichkeit, Ärgernis, Angstzustände, Enttäuschung, Frustration, Furcht, Panik, Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, Ungeduld, Unruhe, Verbitterung, u.a.
AGGRESSION
Aufregung
Aggressivität, Anspannung, Aufregung, Feindseligkeit, Notlage, Paranoia, Wut, Zorn, u.a.
Spektrenbezeichnung nach Heise
Spektrenbezeichnung – Ergänzung zur klareren Unterscheidung im Deutschen nach Kubicka

Konkrete Studien sind dazu noch nicht verfügbar, jedoch scheint das Spektrum „Niedergeschlagenheit/Mutlosigkeit“ am häufigsten vorzukommen, das Spektrum „Aufregung“ am seltensten. Die Zuordnung zu den einzelnen Spektren ist nicht immer ganz eindeutig, Überschneidungen kommen durchaus vor.

Die Intensitäten beschreiben den Grad der Beeinträchtigung der Mutter (mild, moderat und schwer). Milde Verläufe bilden die Mehrzahl der D-MER Fälle, schwere kommen selten vor. Die Intensität kann sich im Zeitverlauf verändern und auch durch bestimmte Faktoren positiv aber auch negativ beeinflusst werden.


*) MSR = Milchspendereflex

**Eigene Darstellung, eigene Übersetzung. (in Anlehnung an Heise 2017 bzw. Heise 2020)1,20

*** Die Spektren-Überschriften von Heise spiegeln im Deutschen nicht exakt die „Emotionsfarbe“ des Spektrums wider, weshalb hier alternative Spektrenbezeichnungen ergänzt wurden
**** Heise verwendet im Englischen hier das Wort „despondency“, das in der Übersetzung sowohl Niedergeschlagenheit, als auch Mutlosigkeit heißen kann